“Die Menschen werden immer zorniger und ungehaltener”
Ein NWZ-Gespräch mit Stefan Dunkmann
Am heutigen Freitag (04.02.22.) erschien in der oldenburger Nordwest-Zeitung ein ausführliches Interview mit dem Videobloger Stefan Dunkmann. In der von ihm betriebenen Online-Publikation “aurich.tv” wurde über eine Schulleiterin der Auricher Realschule berichtet, die maskenbefreite Schüler mit einem Button kennzeichnen wollte. Sie begründete diese Anordnung damit, das diese sich ständig vor anderen Schülern und Lehrern rechtfertigen müssten. Mit den Buttons sollte das verhindert werden.
Bundesweit gab es daraufhin massive Kritik an dieser Vorgehensweise. In unzähligen, zum Teil sehr zornigen, Mails, die persönlich an die Schulleiterin gerichtet waren, brachten viele Menschen darüber ihre Meinung deutlich zum Ausdruck. Mittlerweile hat die Schulleitung die “Button-Lösung” zurückgenommen.
Nicht nur allein Deutschland wird die Kritik am Umgang mit Schulkindern in der sogenannten “Corona-Krise” zunehmend deutlicher und schärfer. Dennoch wird auch aurich.tv schwer dafür kritisiert, das Thema überhaupt aufzugreifen und damit zusätzlich “Öl ins Feuer” zu werfen. Zur besseren Einordnung und den Hintergründen, übernehmen wir das NWZ-Gespräch mit Stefan Dunkmann im Wortlaut.
“Man kann nicht offen und mit Respekt diskutieren”
Frage: Herr Dunkmann, wie sie sicher selbst mitbekommen haben, hat der Bericht von Aurich TV hohe Wellen geschlagen. Wie sind Sie auf das Thema aufmerksam geworden?
Stefan Dunkmann: Ja, das stimmt wohl. Und auf das Thema bin ich gekommen, da ich aus der Elternschaft mehrere Anrufe und Mails bekommen habe. Mir wurde auch die erste Mail von Frau Peters zugespielt. Erster Gedanke war: Das kann ich gar nicht glauben, dass Kinder, die Masken befreit sind, jetzt auch noch mit Buttons gekennzeichnet sind.
Frage: Daraufhin haben sie in Aurich TV darüber berichtet. Eine Folge dessen war unter anderem ein Shitstorm gegen die Schulleiterin Peters. War Ihnen das bewusst, dass das so ausartet?
Dunkmann: Um ehrlich zu sein, hatte ich befürchtet, dass ein Shitstorm entstehen könnte, aber nicht in dieser Dimension. Deswegen habe ich auch nochmal gesagt: Hört auf mit Haterei. Auch in meinem neusten Video habe ich nochmal betont, dass es gut ist, sachlich zu diskutieren. Aber wissen Sie, was ich denke? In Deutschland können sie gerade nicht offen und mit Respekt diskutieren. Das geht mir auf den Keks. Nehmen Sie Corona: Entweder ist man ein Schwurbler oder Systemling. Jedes Thema spaltet und der Ton hat eine Aggression angenommen, das geht so nicht.
Frage: Aber sie haben ja auch die Mailadresse veröffentlicht. Man könnte Ihnen unterstellen, dass Sie damit nochmal Öl ins Feuer geworfen haben.
Dunkmann: Das ist eine berechtigte Frage. Aber nein, ich habe die Veröffentlichung der Mailadresse nicht als Aufruf gemeint. Und was hätte es gebracht, sie in der Mail zu schwärzen? Die Mails wären trotzdem gekommen. Aber den Punkt lese ich auch in den Kommentaren unter dem Video. Da steht: „Der zündelt“ und sowas. Das sind ja Begriffe aus dem dritten Reich. Es wird leider immer schlimmer was so verbalisiert wird. Tatsache ist, dass die Menschen immer zorniger und ungehaltener werden.
Frage: Aber Ihr Video erweckt auch den Eindruck, dass Parallelen zum Dritten Reich gezogen werden. Irgendwie wabert das so im Hintergrund.
Dunkmann: Das ist ihr Eindruck. Ich habe so etwas aber nicht gesagt und auch nicht angedeutet. Darauf lege ich Wert. Hören Sie sich den Take an. Nur, dass die Schüler einen Button tragen sollen. Ich kenne die Mechanismen des Internets und weiß, dass, wenn man die Kiste aufmacht, das manche Menschen ihrem Zorn spontan Luft machen.
Frage: Sie haben eine journalistische Ausbildung und waren lange als Journalist tätig. Ist Aurich TV nun ein journalistisches Format?
Dunkmann: Es ist journalistisch, wenn Sie die Wahrheit sagen. Wir sind ein Videoblog mit journalistisch redaktionellem Angebot.
Frage: Aber korrektes journalistisches Arbeiten wäre auch gewesen, wenn Sie auch Frau Peters davor gefragt hätten.
Dunkmann: Das stimmt, aber Aurich TV ist ein Videoblog. Ich erhebe nicht den Anspruch, eine Videotageszeitung zu sein. Aurich TV ist anders. Wir ordnen ein, gewichten und kommentieren tagesaktuelle Dinge in Aurich.
Frage: Wie finden Sie die Reaktionen, die Frau Peters in den vergangenen Tagen abbekommen hat.
Dunkmann: Beleidigungen und Morddrohungen gehen überhaupt nicht. Dass Frau Peters da rechtlich gegen vorgehen will, ist ihr Recht und von dem macht sie Gebrauch. Ich wurde bei einigen Mails auch in cc gesetzt und die waren sehr sachlich. Und sachliche Diskussionen finde ich gut. Was ist nicht gut finde ist, dass jemand agiert und sich nun als Opfer präsentiert. Die Button-Aktion hat zu schlimmen Reaktionen geführt, ja. Aber ich habe herausgefunden, dass es sich in der Realschule lediglich um fünf Kinder handeln soll, die diesen Button tragen sollen. Das heißt, wir reden über fünf Kinder, die sich die Lehrerschaft nicht merken kann? Das finde ich albern.
Frage: Wie war die Reaktion Ihnen gegenüber auf das Video?
Dunkmann: Wir verbringen viele Stunden nach der Veröffentlichung damit, Kommentare zu lesen. Da steht dann auch mal: „Der Dunkmann, das dumme Schwein, der macht dies und macht das.“ Entweder halten Sie das aus oder nicht. In der Regel lassen wir die Meinungsfreiheit laufen. Wenn da aber steht: „Ich wünsche dem dummen Schwein Corona und keinen Arzt“. Das lösche ich. Das ist beleidigend und ehrverletzend. Aber keine Zensur. Es hat hier keiner das Recht, seinen geistigen Müll abzuladen. Und gehen Sie bitte auch davon aus, dass wir Kommentare löschen, die Frau Peters beleidigen, und die Nutzer sperren wir auch. Wenn da einer Schreibt: „Wir müssen mal die Realschule besuchen und ein ernstes Wort reden“ – das fällt in den Bereich der Drohung und wird gelöscht. Sowas geht gar nicht.
Frage: Rückblickend betrachtet, würden Sie etwas anders machen?
Dunkmann: Ich werfe mir da nichts vor. Wir haben ja nichts Falsches berichtet. Ich habe die Mail vorgelesen und meine Meinung gesagt. Ich hätte den Teil mit der Mailadresse schwärzen können. Aber wer eine Mail schreiben will, der schreibt sie auch. Und diese Mail von Frau Peters wurde von ihrer offiziellen Arbeitsadresse geschrieben. Diese kann kein Geheimnis sein, wenn sie an 1000 Leute geht.